Gemeinsam sind wir stark?

Das Phänomen der Massenbewegung hat mich schon seit jeher interessiert. Was bringt Menschen dazu sich in Massen zusammenzuschließen. Klar, der Rudelcharakter ist uns seit der Steinzeit in die Gene programmiert. Als Schutz vor großen Tieren, vor anderen Clans und zu Zwecken des eigenen Überlebens und der eigenen Sicherheit. Auch heutzutage machen wir noch regen Gebrauch von diesen Genen, nur haben sich die Umstände und die Verhaltensweisen der Gruppen geändert. Es gibt die schöne Aussage "Wenn man drei Deutsche mit gleichen Interessen hat, dann hat man einen Verein". Es gibt für alles Rudel, auch in unserer heutigen Zeit. Sein es die Jugendlichen in ihren Cliquen, die Hobbyfröner in ihren Vereinen, Soldaten in der Armee oder ebend die arbeitende Bevölkerung in ihren Arbeitsstellen. Der Mensch fühlt sich auch heute meist nur dann wirklich stark, wenn er weiss, dass ein paar gleichgesinnte hinter ihm stehen und ihm den Rücken stärken. Ging es in früheren Zeiten um das nackte Überleben, geht es heute jedoch wesentlich um Machtinteressen, Geld und um das Durchsetzen von Interessen gegenüber anderen.

Mir ist das erste mal bei der Bundeswehr wirklich aufgefallen was es für einen Unterschied machen kann allein, in kleiner oder aber auch in großer Zahl gemeinsam in eine Richtung unterwegs zu sein. Ironischerweise geschah das beim Formaldienst, den so gut wie kein Soldat leiden kann, den aber jeder zumindest in sehr groben Zügen mitmachen muss. Formaldienst bedeutet nix anderes als zu lernen wie man sich in einer großen Gruppe von Soldaten bewegt. Wer noch nie in einer 200 Mann starken Gruppe marschiert ist, jeder Fuß vor oder hinter einem tritt im selben Moment auf (auch wenn das bei einigen Soldaten harte Arbeit erforderte bis das funktioniert hat, denn auch einige Männer leiden unter dem "Frauenlinks-Syndrom") und das einzige was zu hören ist sind die Schritte von 200 Menschen und die Stimme vorne die den "Takt" angibt, der kann nicht wirklich begreifen wovon ich hier gerade schreibe. Man fühlt sich unweigerlich als könnte man mit dieser Gruppe Leuten, von denen man nichtmal die Hälfte beim Namen kennt, Betonwände durchlaufen und selbst ein Panzer hätte keine Chance. Das die 3 Mann starke Panzerbesatzung den kompletten Trupp mit einem Lächeln überrollen könnte, daran denkt in dieser Gruppe in dem Moment garantiert niemand.

Rudelbildung gibt es auch in der Freizeit, sei es wie schon oben geschrieben das Hobby, oder was noch viel simpleres, ein Konzert einer beliebten Band. Oder was sind 5000 Leute anderes als ein riesiges Rudel das sich einzig und allein zu dem Zweck zusammenfindet Spass zu haben und guter Musik zu lauschen. Und diese 5000 Mann machen in den meisten Fällen genau das was die Typen oben auf der Bühne von ihnen wollen (wenn sie gut sind) oder genau das Gegenteil davon (wenn sie schlecht sind).

Wenn viele Menschen ein Rudel bilden scheint in unseren Genen ein kleines Rädchen anzuspringen, was dafür sorgt das der einzelne mehr oder weniger rationale Gedankengänge einstellt, sich auf die Gefühle der Masse um sich herum einstimmt und ohne großes Zögern oder Nachdenken genau das tut was die Masse tut. Dazu braucht es nichtmal ein Leittier in der Masse, denn Anscheinend gibt es in solch großen Massen eine gewisse Art der nonverbalen Abstimmung, die dafür sorgt das sämtliche Personen in dieser Masse genau das machen, was die meisten von ihnen wollen. Kein Wunder, trifft die Masse doch eh schon aus einem mehr oder weniger speziellen Interesse zusammen das fast alle teilen. In der Psychologie gibt es ein Gebiet das sich Massenpsychologie nennt und sich genau mit dieser Dynamik von Menschenansammlungen befasst.

Das Problem an solchen Massen ist jedoch für mich, dass man seine eigene Identität mehr oder weniger aufgibt, um sich dem Druck der Mehrheit zu beugen. Wenn es nur für eine Stunde oder zwei auf einem Konzert ist, ok. Aber dauert es länger (wie zum Beispiel die knapp zwei Jahre meiner Bundeswehrzeit) wird es für mich auf Dauer kein tragbarer Zustand. Wer immer nur außerhalb seines eigenen Interesses handelt und nur auf das hört was die Leittiere der Masse ihm erzählen und auch nur so handelt wie es von der Masse für richtig befunden wird, gibt sich selbst auf und ist irgendwann nicht mehr in der Lage für sich selbst zu denken.

Gruppen, Clans, Vereine, Teams oder Rudel. Wie immer man das Ganze auch nennen mag, sie haben Vor- und Nachteile. Für mich persönlich ist es ok für kurze Zeit in einer Masse mitzulaufen und mich dort quasi fallen zu lassen. Das hat für mich keine Nachteile solange es nit auf Dauer ist. Sobald es für mich jedoch heisst z. B. in einen größeren Verein einzutreten schaue ich mir erst ganz genau an, ob in diesem Verein gefragt ist sein Gehirn abzuschalten und sich streng nur noch an die Vorschriften zu halten oder ob der Verein Indiviualität und Eigeninitiative fördert. Und wenn man es genau nimmt, sind Blogs auch eine Art Verein. Nur zum Glück ein Verein in dem Individualismus quasi ein Muss ist. Und die größten Vereine der Welt kennt ja wohl jeder...oder?
Wanjas Welt - 9. Jan, 07:36

Als ich deinen Text gerade gelesen habe musste ich an Gruppendynamik denken, und seltsamerweise fallen mir sehr viele negativ Beispiele ein, welche ich real erlebt habe.

Da werden "normal" tickende Leute aufeinmal zu einer Herde Schafe und dann zu einem Rudel Wölfe. Schaukeln sich am gemeinsamen Blöken hoch bis sie ein schwarzes Schaf zerfetzen, ja sehr drastisch dargestellt. In der anderen Situation entscheidet die Gruppe wie sie nun weiter vorgeht und das kickende Erlebnis, muss immer höher, schneller und weiter werden und die Mitglieder dieser Gruppe bemerken den Realitätsverlust nicht mehr und verlieren das Gefühl für jedes Maß, können es auch nicht verstehen wenn von außen jemand einlenken möchte, der als aussenstehender sowieso keine Chance hat.

Deine Beispiele wie Konzerte und Veranstaltungen, sind Ausnahmen, aber auch da gibt es so Momente in denen die Stimmung schnell kippen kann. Ja, es ist schon ein geiles Gefühl, mit tausend anderen Menschen live die Lieblingsband zu rocken, gemeinsam zu singen und zu tanzen, da stimme ich zu, nur der Moment des "Umkippens" kann so verdammt schnell gehen.

Menschenmassen machen mir meistens Angst und daher meide ich sie auch.

Legatus - 9. Jan, 08:11

Ja, in großen Massen kann es sehr schnell zu einem umkippen kommen. Von Aggressivität bis zur Massenpanik ist da alles möglich. Ich habe keine Angst vor großen Menschenmassen. Bis zu einem gewissen Grad kann ich sie sogar genießen (sonst würd ich mich in der Großstadt nie wirklich wohlfühlen glaube) aber halt auch nur weil ich mir immer ein Stückweit meine Individualität erhalte, selbst in der Masse, und somit meist genau weiss wann es Zeit ist zu gehen.

Trackback URL:
https://legatus.twoday.net/stories/3157143/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Änderungen

Schaue regelmäßig rein...
Schaue regelmäßig rein ja. Wie geht es dir/euch? :)...
Legatus - 27. Okt, 11:54
Liebe Grüße
falls du das noch liest. Habe heute an dich gedacht....
Burningheart (Gast) - 24. Okt, 21:02
Bei uns ist auch alles...
Bei uns ist auch alles gut. Unser Kleiner krabbelt...
Burningheart - 16. Aug, 17:57
Alles bestens :) Gut...
Alles bestens :) Gut beschäftigt aber die Kleine wächste...
Legatus - 2. Jul, 11:16

Anderes

Buttonnetzwerk für ein freies Internet

Derzeitiges Lebensmotto

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ (Antoine de Saint-Exupery) KONTAKT snark100@gmx.de

Status

Online seit 7132 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

Sonstiges

kostenloser Counter

www.flickr.com
This is a Flickr badge showing public photos from Legatus. Make your own badge here.

Credits

Suche

 

Technorati


Alltagseinblicke
Andere
Aussichten
Clubs und Vereine
Crazy & More
Daheim
Gedankenkino
Gedankenspiele
Heisse Sachen
Kontraste
Nahverkehr
Papierkrieg
Rueckblicke
Seelenspiegel
Songs
Stimmen
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren