Unterwegs

Sie stand ein Stück neben mir auf dem Bahnsteig. Gute Kleidung, eine blaue Sammelmappe mit Gummiband in die Armbeuge geklemmt und rauchte eine selbstgedrehte Zigarette. Auf den ersten Blick stufte ich sie als Studentin ein. Sie stieg in die selbe Bahn wie ich. Als der Zug anfuhr, stand sie auf, ging an den Anfang des Waggons und begann ein leises Gespräch mit den dort sitzenden Leuten. "Alles klar" dachte ich mir so. Sie macht eine Umfrage, mal schaun was ihr Thema ist.

Die Leute in dem Waggonteil vor mir schüttelten alle mit dem Kopf auf ihre leise gestellte Frage. Als sie bei mir ankam, schaute sie scheu in die Runde und sagte "Hat jemand von ihnen interesse mir ein Exemplar der Obdachlosenzeitschrift Straßenfeger abzunehmen?". Ihre Augen waren ziemlich traurig, und die Frage aus dem Mund einer jungen Frau die gut gekleidet und gepflegt aussah, versetzte mir einen größeren Schock als es mittlerweile die abgerissenen und abgestumpften Gestalten die sonst so diese Zeitschriften verkaufen schaffen. Wie immer nahm ich eine der Zeitschriften, und war kurz versucht sie auf einen Kaffee einzuladen und zu fragen was schief gelaufen ist das es so weit gekommen ist. Ich war dann doch zu feige dazu. Armut hat viele Gesichter. Und manche davon können immer noch schockieren.
Mauzi - 27. Nov, 15:52

sowas berührt mich auch immer sehr. Ich weiß auch nicht so recht, wie ich damit umgehen soll. Bringt es was, diesen Leuten helfen zu wollen? Ich habe keine Ahnung. Macht man ihnen vielleicht Hoffnung, und dann schaffen sie es doch nicht? Oder hat ihnen bisher nur einfach niemand eine helfende Hand gereicht und sie würde wenn sie käme helfen? Aber warum haben die Sozialarbeiter dann nicht helfen können?

Ich weiß es alles nicht.

Legatus - 27. Nov, 23:21

Ja, ich bin bei sowas auch immer ziemlich unsicher...kann man auch viel falsch machen...wobei ich finde das zumindest zuhören und ein lächeln schon helfen können...machen auch die wenigsten...
HeadIO - 30. Nov, 11:54

geschichten erzählen

ich hab das einmal gemacht, einen obdachlosen gefragt wieso er obdachlos ist. der war dann richtig unwillig und meinte dass sei immer das selber, er bekäme dauernd diese frage gestellt. ich hab das mal so interpretiert, dass er nicht auf seine obdachlosigkeit reduziert werden wollte, dass er keine lust darauf hat, als tanzbär im millieuzirkus von saturierten kleinbürgern aus vermeintlich sicherer entfernung begafft zu werden. und wahrscheinlich wird manchen obdachlosen, nämlich denen die irgendwie jung und nicht komplett verloren wirken und uns also stärker betroffen machen überdurchschnittlich viel aufmerksamkeit entgegengebracht und anderen, denen die so sind wie wir uns obdachlose vorstellen, verbraucht, verwirrt, zahnlos und ein wenig abstoßend, fast keine.

Legatus - 30. Nov, 12:11

Kann mir gut vorstellen das wenige Obdachlose gerne bereit sind von sich und ihren Geschichten zu erzählen. Sei es weil es zu schmerzhaft ist, oder weil sie, wie du bereits sagtest, nicht gerne nur auf ihre Obdachlosigkeit reduziert werden wollen.

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