Armut in Deutschland

armut„Eure Armut kotzt mich an“. Zuerst tauchte dieser Spruch als Graffiti auf. Er sollte zu damaligen Zeiten (um 1980) auf satirische Art und Weise auf das Getue der Superreichen gegenüber schlechter gestellten hinweisen. Mittlerweile gibt es diesen Spruch als Aufkleber, meist zu finden auf einem dicken BMW oder Mercedes. Bevorzugt gefahren von einem Anzugträger mit Schlips und italienischen Lederschuhen. Von Satire zu Ernst sind es manchmal nur ein paar kleine Schritte. Schritte die mittlerweile dafür gesorgt haben, dass die Armut Deutschland erreicht hat. Nicht diese stille Armut die nur ein paar wenige betrifft die auf der Straße leben und sich in Nischen verkriechen in denen sie still und leise irgendwann im Winter erfrieren. Nein, mittlerweile sind wir bei der Armut angelangt, die 16jährige Mädchen in der S-Bahn betteln lässt. Wo die Mutter ihre Kinder in die Suppenküche schickt damit sie wenigstens einmal am Tag was essen und selber „Auch mal zwei Tage ohne“ auskommt weil es derzeit garnit anders geht.

Seit einigen Jahren beginnt der kleine Aufschrei von einigen die feststellen, dass die Schere auch in Deutschland immer größer wird. Das statistische Bundesamt hat eine Studie herausgegeben in der mittlerweile von 13% Armutsgefährdungsquote gesprochen wird. Dreizehn Prozent. Das sind ca. 10,6 Millionen Menschen, davon 1,7 Millionen Kinder. 10,6 Millionen Menschen für die eine gute Wahrscheinlichkeit besteht das sie demnächst in die Armut abrutschen, oder aber die dort schon lange angekommen sind. Auch in einigen großen Medien tauchen immer mal wieder Artikel zu dem Thema auf. Derzeit auch im Spiegel wo es einen guten und lesenswerten Artikel (Deutschlandbezogen) gibt.

Ich schmeiße selten mit Zahlen um mich, aber manche Zahlen erschrecken mich so, dass ich garnit anders kann als immer wieder auf sie hinzuweisen. Statistiken sprechen von einem Prozent der Weltbevölkerung das 95% des gesamten im Umlauf befindlichen Privatvermögens halten. Die restlichen 5% sind zu über 70% auf die so genannte Mittelschicht und zu unter 30% auf die Ärmsten der Armen verteilt. Arme die mit weniger als einem Dollar im Monat überleben müssen. Klar, in Deutschland wird es nie so weit kommen, aber wir sind auf dem besten Weg von einer Dreiklassengesellschaft zu einer Zweiklassengesellschaft. Der viel gepriesene Mittelstand ist am schrumpfen, und immer öfter gibt es nur noch solche die haben, und solche die nichts haben.

Die Aufgabe von Politik und Wirtschaft wäre es also, zumindest das Absinken von Menschen in die totale Mittellosigkeit zu verhindern. Nur leider sieht es so aus, dass die Politiker mittlerweile scheinbar kaum noch Interesse daran haben Politik für und mit dem Volk zu machen. Stattdessen wird mit kleinen Machtkämpfen versucht die eigene Position zu stärken. Gesetze werden nur dann beschlossen, wenn sie sich auch in der eigenen Tasche (sprich Portemonai) bemerkbar machen und drumherum werden Gesetze erlassen die die Menschen zum Schweigen und Stillhalten bringen sollen. Wenn dann Korruptionsrufe laut werden, wird abgewiegelt, vertuscht und schöngeredet. Wenn dann doch einmal durch Druck der Öffentlichkeit beschlossen wird ein paar Reformen auf den Weg zu bringen, wird das Ganze so dermaßen stümperhaft und halbherzig durchgeführt, dass die Situation anschließend eher schlechter als besser ausschaut. Es werden Steuern erhöht die vor allem die Endverbraucher, und somit den kleinen Mensch mehr belasten (ich sage nur Mehrwertsteuer) und Vorschläge für eine gerechtere Besteuerung der Unternehmen und der reichen Bevölkerung werden unter den Tisch gekehrt und totgeschwiegen. Die sozialen Systeme werden mehr und mehr beschnitten (1-Euro Jobs etc.) und treiben damit die Menschen die eh schon wenig haben, in die Finger derjenigen die sie dann noch weiter ausnutzen (Praktika über nen halbes Jahr, Löhne unter dem Mindestlohn etc.). Die Wirtschaftsbosse danken den Politikern das alles wiederum damit, dass sie deren Portemonai noch ein klein wenig mehr auffüllen und ihnen lukrative Jobs für die Zeit nach der Politik anbieten. So regiert die Politik also mehr oder weniger nur noch für das Wohl der Wirtschaft und nicht mehr für das Wohl des gesamten Volkes.

Wenn sich Einzelne in der Bevölkerung dagegen auflehnen, darauf aufmerksam machen und ihre Stimme erheben wird schnell zu den Mitteln der Justiz gegriffen um diese Stimmen zum Schweigen zu bringen, selbst wenn diese Menschen der selben Partei angehören (vielleicht auch gerade deshalb). Wenn man keinen Ansatzpunkt im eigentlichen Thema findet, müssen dann halt ein paar aus den Fingern gezogene Behauptungen reichen um die Kritiker zu beschäftigen und finanziell in den Ruin zu treiben. Die großen Medien passen sich großteils an (allen voran unser aller Lieblingszeitung mit den vier Buchstaben) und beschönigen wo es nur geht. Objektive Berichterstattung ist in der heutigen Zeit von den großen Zeitschriften und vom TV nur noch selten zu erleben (geschweige denn investigativer Journalismus, der ist schon lange Tod). Die Politiker lügen weiter was das Zeug hält, die Medien lügen fröhlich mit und die Menschen für die diese Politiker eigentlich arbeiten sollen, stehen da und schauen dumm aus der Wäsche.

Das es bisher noch zu keinem größeren Aufstand gekommen ist liegt vor allem auch daran, dass viele Menschen einfach aufgegeben haben an der Politik noch irgendwas ändern zu wollen. Es geht vielen noch zu gut, aber es gibt immer mehr denen es wirklich schlecht geht. Die Wahlbeteiligung erreicht von Wahljahr zu Wahljahr neue Tiefstände, was aber die Politiker nicht interessiert. Hauptsache man kann ordentlich feiern nach der „erfolgreichen“ Wahl. Die Programme der großen Parteien gleichen sich mittlerweile in den wichtigsten Punkten wie ein Ei dem anderen, so das es fast schon egal ist welche Partei man wählt, da sich alle mehr oder weniger das selbe auf die Fahnen geschrieben haben. Das die Parteien ihre gegebenen Wahlversprechen dann natürlich mehrheitlich brechen ist da schon fast als normal anzusehen. Es erwartet sowieso niemand mehr das das was die Parteien da so daherreden auch wirklich passiert.

Die Wirtschaft muss man bei der ganzen Sache aus einer etwas anderen Perspektive betrachten. Ein Unternehmen und seine Bosse sind in erster Linie darauf ausgerichtet Geld zu verdienen. Das ist Sinn und Zweck eines Unternehmens und das kann man diesem auch nicht zum Vorwurf machen. Das dabei jedoch alle Begriffe von Moral und Anstand über Bord geworfen werden, und das alles auf den Köpfen und in den Portemonais der Arbeiter ausgetragen wird ist da ein ganz anderes Blatt. Es gibt die Unternehmen in denen es gute Arbeitsplätze gibt und wo die Bosse darauf bedacht sind das es ihren Arbeitern gut geht. Aber das ist eher ein Ausnahmefall heutzutage. Weit mehr Unternehmen sind in Korruptionsfälle verstrickt, in die auch oft genug Politiker verwickelt sind (man google einfach mal nach Siemens im Zusammenhang mit Korruption, oder nach VW). Wenn der Chef oder auch der Vorstand eines Unternehmens 20 mal mehr verdienen als ein normaler leitender Angestellter um am nächsten Tag dann gleich auch noch Massenentlassungen durchzudrücken weil man das Unternehmen gesundschrumpfen (mein persönliches Unwort des Jahres) muss, dann ist irgendwas faul.

Unternehmensleiter und Politiker sollten in meinen Augen gut bezahlt sein, denn die Arbeit die sie machen ist wichtig und ist oftmals ein Vollzeitjob wo man nicht nach 8 Stunden nach Hause gehen kann. Aber wenn dann die Gier zuschlägt, die Diäten immer mehr erhöht werden und sich der Vorstand eine Gehaltserhöhung nach der anderen genehmigt, gleichzeitig die Reallöhne nach Abzug der Inflation um 0,9% sinken seit 2004 und die Lebenserhaltungskosten im gleichen Zeitraum spürbar steigen, dann stimmt etwas ganz und garnit mehr. Allein schon das die Renten (und die sind von der arbeitenden Bevölkerung bezahlt, nicht vom Staat) immer wieder Nullrunden hinnehmen müssen (kein Inflationsausgleich/keine Wertanpassung an bestehende Löhne/Lebenserhaltungskosten) spricht da schon für sich. Die Renter gehören nämlich auch zu den Bevölkerungsschichten die immer ärmer werden, was unter anderem auch an den gestiegenen Gesundheitskosten für Ärzte und Medikamente liegt.

Wenn es nicht bald zu einer allgemeinen Kehrtwende in der Politik kommt, die vor allem wieder auf das Wohl der Bürger Deutschlands zielt, dann wird es früher oder später wieder kommen, dass der aufgebrachte Mob mit Heugabeln und Fackeln in Richtung des sprichwörtlichen Schlosses, marschiert um den Damen und Herren Politikern am eigenen Leib zu zeigen was es heißt zu leiden. Und dann wird vielleicht alles anders, aber erfahrungsgemäß meistens nicht wirklich besser.
Mauzi - 11. Dez, 19:09

ich wünsche mir auch, dass sich was ändert. Ich wünschte, es würden sich alle Menschen zusammentun, die darunter leiden, und was ändern. Leider fehlt es mir total an Ideen und Wissen, wie man diese Menschen zusammentrommelt und dann auch noch was mit ihnen bewirkt...

Legatus - 11. Dez, 23:06

Diese Ideen fehlen leider vielen Menschen, einschließlich mir....ich habe auch kein Patentrezept mit dem sich die verfahrene Sache auflösen lassen würde. Aber ehrlich gesagt muss ich das auch garnit haben...dafür sollten eigentlich die Politiker da sein....eigentlich...
SabineD - 13. Dez, 09:12

Uns Deutschen fehlt die entsprechende Mentaliät, auf die Straße zu gehen oder Regierungen zu stürzen. Jammern können wir - ohne Ende - aber wenn es hart auf hart kommt, jammern wir lieber hinter verschlossenen Türen wie kleine Nörgelsäcke, anstatt uns zusammen zu schließen und aktiv zu werden.
Aber ich denke auch, allen Statistiken zum Trotz, dass es den meisten von uns noch verhältnismäßig gut geht, viel Geld hin oder her. Zur Zufriedenheit gehört ein bisschen mehr als ein volles Konto. Außerdem denke ich, dass viele es selbst in der Hand haben, etwas an ihrer Armut zu ändern. Erst kürzlich war ich bei einen ALG2-Empfänger zu Hause: Flat-TV im XXL-Format, drei Computer, Marmor in der Küche ... aber kein Geld, um die Rechnungen zu bezahlen. Obendrein noch arbeitsscheu ... wer steht schon morgens freiwillig vor neun Uhr auf, um irgendeinen dämlichen Job zu machen? ... und am Jammern, dass der Marmor bröckelt. Scheiß Staat, scheiß Land, scheiß wenig Geld ... nicht auszuhalten.
Ich bin nicht stolz, eine Deutsche zu sein. Und Gott sei Dank hab ich noch anderes Blut in den Adern.

Legatus - 13. Dez, 10:36

Das ist das Hauptproblem...es geht vielen noch viel zu gut....ich bin gern Deutscher, auch wenn das in diesem Land niemand gerne hört...aber ich mag Deutschland, egal ob es eine dunkle Vergangenheit hat...nur leider kann man das heutzutage nicht sagen ohne in eine Ecke gestellt zu werden...und da ich dieses Land mag, regt es mich um so mehr auf wie die Politiker, also die Menschen die für dieses Land und seine Politik verantwortlich sind, damit umgehen...

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