Montag, 10. Juli 2006

Come to Marlboro Country

Morast hat seinen Werdegang als Nichtraucher in einem Artikel zusammen gefasst. Natürlich hat das sofort wieder eine Raucher/Nichtraucher-Diskussion ausgelöst.

Ich selbst bin Raucher. Ich bin schon mein ganzes Leben lang von Rauchern umgeben. Meine Eltern haben als ich klein war beide geraucht. Mein Dad kann schöne Rauchringe machen. Als kleiner Junge war ich davon fasziniert. Er pustete sie immer in die Luft, und ich versuchte dann meinen Finger durchzustecken ohne das der Ring kaputt geht dabei. Meine Mom roch immer nach den Mentholzigaretten die sie damals rauchte. Sie hatte sie in einem schwarzen Lederetui das an der Seite eine Schlaufe für ein Feuerzeug hatte. Ich kann mich auch noch dunkel an meinen Urgroßopa erinnern. Er lag damals immer bei meiner Oma im Schaukelstuhl und hatte seine Pfeife im Mundwinkel. Wenn man lange genug bettelte, ließ er einen an der Pfeife ziehen und man hatte auf einmal einen intensiven Geschmack nach Vanille und Tabak im Mund. Wenn ich dann hustete, lächelte er und winkte mit dem Zeigefinger.

Das erste mal probierte ich eine Zigarette als ich 8 oder 9 Jahre alt war. Mein damaliger "Freund" Michael hatte seinem Dad Zigaretten geklaut. Wir hockten uns auf einen Spielplatz und rauchten eine der Zigaretten. Pustebacke. Also ohne einzuatmen. Trotzdem wurde mir ziemlich schlecht, und es war das erste mal das ich sah wie jemand grün anlief.

Nach einem Umzug lernte ich neue Leute kennen. Damals war ich 12, und wir hatten einen Treffpunkt an einem kleinen Fluss, an dem die großen grünen Rohre für die Fernheizungen langliefen. Einige Leute aus der Clique waren schon etwas älter, und alle waren sie Raucher. Um dazu zu gehören war Rauchen fast Pflicht. Die erste Zigarette sorgte bei mir nicht für Husten. Das einzige was ich merkte, war ein leichtes Schwindelgefühl und das ich mich ziemlich leicht fühlte. Die anderen klopften mir anerkennend auf die Schulter, weil ich die erste Zigarette ohne zu Husten geraucht habe. Seit dem Rauche ich regelmäßig.

Nach ungefähr zwei Monaten war ich bei einer Schachtel am Tag. Es war in der Zeit der Wende, und überall tauchten die Vitnamesen auf und verkauften Zigaretten schwarz. Denen war es egal wie alt ich bin, Hauptsache sie konnten was verkaufen. Ich rauchte "Monte Carlo". Ein Tabak der irgendwo an nem Bahnhofsdamm mit Südlage gezogen wurde. Jedenfalls schmeckte es so. Aber wir waren alle unheimlich cool und so ging das mit dem Rauchen weiter.

Meine Eltern wollten nicht das ich Rauche. Als sie es das erste mal mitbekamen, durfte ich mir einen sehr langen Vortrag über Krankheiten, Tod und Gestank anhören. Sie verboten es mir. Natürlich hörte ich nicht auf dieses Verbot, die wenigsten Kinder tun das. Zu der Zeit war ich schon ein Suchtraucher. Selbst wenn die Zigaretten nicht schmeckten, ich wollte sie trotzdem. Das Schlimme war nichtmal die körperliche Abhängigkeit. Die Entzugserscheinen sind eher moderat und gleichen eher einem Schnupfen mit ein wenig Fieber (Hitzewallungen) als wirklichem Entzug. Ich konnte nicht aufhören, weil mir einige von den damaligen "Freunden" sonst die Freundschaft gekündigt hätten. Es gehörte einfach dazu zu rauchen. Wenn man sich traf, rauchte man. Party? Nicht ohne Zigaretten. Selbst auf dem Schulhof gehörte es zum guten Ton in der Raucherecke zu stehen.

Auch später, als ich die vielen falschen Freunde schon längst nicht mehr sah, blieb ich weiter Raucher. Die Zigarette hatte sich in mein Leben geschlichen und gehörte einfach dazu. Nach dem Essen gab es eine Zigarette, nach dem Aufstehen, vor dem Zubett gehen und zwischendrin immer wieder. Wenn ich irgendwo neu anfing, lernte man am ehesten Leute in der Raucherecke kennen. Man stellte sich zusammen hin, die Gespräche gingen mit dem Wetter los und endeten so manches mal bei ziemlich tiefgründigen Themen. Einige meiner besten Freunde habe ich durchs Rauchen kennengelernt. Einfach weil man zur selben Zeit dem selben "Laster" gefröhnt hat.

Es gab immer wieder Leute die mich dazu überreden wollten aufzuhören. Sei es in der Familie (eher selten) oder im Bekanntenkreis. Es gab Zeiten da hab ich über einen Monat keine Zigarette angefasst, nur um dann bei einer Party wieder zuzugreifen und genau da weiterzumachen wo ich aufgehört hatte. Ich habe es schon mit Nichtraucherkursen (Allan Carr ist Geldverschwendung!) probiert, mit der Kaugummimethode, mit reiner Willenskraft und mit noch einigen anderen Methoden. Irgendwann bin ich immer wieder bei den Zigaretten gelandet. Die letzten Versuche liegen erst kurz zurück und waren nicht von Erfolg gekrönt.

Mittlerweile habe ich akzeptiert das die Zigarette scheinbar zu mir gehört. Ich bin zu leicht da rein gerutscht, und komme nicht mehr raus. Aber meistens möchte ich das auch garnicht mehr. Ich kann mir kein Essen vorstellen, nach dem ich nicht eine Zigarette rauchen möchte. Keine Pause in der ich nicht in Ruhe eine Zigarette rauche und das Gefühl, wie sich der Puls beruhigt und der Atem langsamer wird, wenn man nach einem aufreibenden Erlebnis eine Zigarette raucht. Ich versuche Ausgleiche zu schaffen. Ich gehe regelmäßig ins Fitness-Studio und bewege mich so oft ich kann. Ich weiss das Rauchen ungesund ist. Ich weiss um die vielen Gefahren denen ich dadurch ausgesetzt bin, auch wenn ich mir immer wieder von Nichtrauchern anhören darf, dass ich das garnit wissen könnte weil ich ja sonst aufhören würde. Ihr unterschätzt Raucher. So gut wie jeder Raucher den ich kenne weiss sehr genau was er sich da antut. Manche tun es wie ich, weil sie süchtig sind, andere weil sie es wirklich geniessen.

Ich verstehe die Nichtraucher. Jeder Raucher der von Nichtrauchern Toleranz einfordert, sollte sich mal überlegen, ob er einem Stadtbekannten Schläger mit den Worten "Hey, klar kannst du mir eins in die Fresse haun weil du frustriert bist. Son gebrochner Kiefer heilt doch wieder, und wenns dir dann für 10 Minuten besser geht wars das doch wert." gegenüber tritt oder ob er diesen Schläger nicht doch lieber meidet. In diesem Fall sind nämlich die Raucher die Schläger. Die Raucher müssen diejenigen sein die Toleranz und Verantwortungsbewusstsein zeigen. Das was ich als Raucher mache, kann andere Menschen gefährden, krank machen und verletzen. Daher reagiere ich selbst dann höflich, wenn mich ein Nichtraucher anblafft ich soll gefälligst die scheiss Zigarette ausmachen. Ich kann ihn/sie verstehen. Ich würde als Nichtraucher zwar höflicher, aber genauso bestimmt fordern die Zigarette auszumachen, aus dem einfachen Grunde weil es jedem selbst überlassen werden muss ob er sich sowas antun möchte oder nicht. Und Passivrauchen ist wie Rauchen. Nur nicht unbedingt freiwillig. Genauso gehört es aber dazu, dass der Nichtraucher mit dem Qualm leben muss, wenn er sich mit voller Absicht in die nächste Eckkneipe begibt wo täglich das Treffen der "Fröhlichen Pfeifenraucher" stattfindet nur um demonstrative Hustenkrämpfe vorzutäuschen.

Ich weiss nicht genau ob die Zigarette mich beherrscht oder ich die Zigarette. Ich denke eher es ist mal so mal so, je nach Verfassung und Zustand meines Ichs. Ich geniesse das Rauchen oft, aber genauso oft verfluche ich es auch. Es ist eine Hassliebe die nur schwer zu beschreiben ist, und die ein Außenstehender nur schwer begreifen kann. Und vielleicht ist das auch besser so.

Montagsimpressionen

Die Nacht war kurz und voller Gedanken. Nach dem Aufstehen los zur Bahn, natürlich ist mir eine vor der Nase weggefahren. Auf dem Bahnhof unsere Azubine getroffen. Außer "Guten Morgen" fällt kein Wort. Wir beide noch gefangen im Wochenende. In der nächsten Bahn dann ein Typ mir gegenüber. Rotumrandete Augen, Haare die wie eingeölt aussehen und eine Trinkernase so groß wie ein Blumenkohl. Er stinkt penetrant nach altem billigen Fusel, Rasierwasser und Schweiß. Der kleinkarierte dunkelbraune Anzug betont sein Wesen. Lange Zehnägel schaun mich aus abgelatschten Sandalen an. Die kleine braune Tasche aus der es klirrt wird krampfhaft an die Brust gedrückt. Der Blick geht stur aus dem Fenster, nichts sehend und mit wackligen Augen. Ab und an entfährt dem mit gelben Zähnen bestückten Mund ein Seufzer, der eine weitere betäubende Wolke in meine Richtung schickt.

Zeit vergeht. Der Bus fährt gleich. Lange Treppen nach unten zur Bushaltestelle. Als letztes Einsteigen und auf der letzten freien Bank Platz nehmen. Sie sagt "Ich bin müde" ohne eine Antwort zu erwarten. Von mir kommt nur ein "Mh". Der Bus fährt durch kleine Straßen mit kleinen Häuschen vor denen kleine Gärtchen liegen. Die Sonne scheint fahlgelb durch die Bäume und lässt die Gärten in blassen Farben zurück. Das Aussteigen aus dem Bus geht langsam vorran. Keine Schritte voll Elan und Tatendrang heute. 10 Menschen vor mir, hinter mir noch 2. Sie gehen alle als hätte sie viel Zeit und kein bestimmtes Ziel. Einfach geradeaus. Ich betrete das Haus und steige in den Fahrstuhl. Mit lautem Brummen fährt er bis in den dritten Stock. Es gibt ein lautes "Klack" wenn er hält.

Im Büro setze ich mich an den Computer. Der Perso-Chef ist heute aus seinem Urlaub zurück. Meine Alarmfunktion meldet mir das ich diese Woche Spätdienst habe. Es sind 27 Mails im Posteingang und nochmal 291 im Spamfilter. Keine der Mails ist interessant. Ich öffne Firefox, klicke auf einen Bookmark und fange an zu schreiben...."Montagsimpressionen".

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Legatus - 27. Okt, 11:54
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Burningheart - 16. Aug, 17:57
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Legatus - 2. Jul, 11:16

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